Die deutsche Serie ist tot. Seit Jahren suchen die hiesigen TV-Sender mehr oder weniger erfolgreich nach neuen Hits, wie einst Der Clown, die Schwarzwaldklinik und Doctor’s Diary. Zum Glück schickt sich nun das ZDF an hier eine Wende herbeizuführen. Nicht nur, dass hier am deutschen Breaking Bad gearbeitet wird, nein, beim diesjährigen TVLab auf ZDFneo werden auch ausschließlich fiktionale Serien gezeigt. Gut, es sind nur drei, aber hey! Dann sind die wenigstens gut, oder?
Das Projekt TVLab auf ZDFneo geht in Runde vier. Die Idee, die Zuschauer entscheiden zu lassen was sie künftig sehen möchte, finde ich immer noch toll. Dass für mich die Vielfalt in den letzten Jahren immer weiter abgenommen hat – nicht. Dieses Jahr scheint jedoch ein Tiefpunkt erreicht zu sein. Nicht nur, dass man sich auf das Genre der fiktionalen Serie beschränkt, im Rennen sind lediglich drei Produktionen. Wahrscheinlich eine Kostenfrage, denn dieses Mal wurde nicht billig produziert, sondern tatsächlich Geld in die visuelle Qualität der Produktion gesteckt.
Ein gutes Zeichen also? Nun …
Alibi Agenten
In der ersten Serie dreht sich alles um eine Berliner Agentur, die ihren Kunden Alibis verschafft. Sei es um eine Affäre, einen peinlichen Job oder eine Krebserkrankung zu vertuschen. Erster Serien-Kunde ist dann auch noch ein bekanntes Gesicht: Friedrich Liechtenstein, Serienname: Hermann Ahrens. Dieser möchte angeblich eine Affäre vertuschen, im Laufe der Sendung stellt sich dann allerdings heraus, dass wohl mehr dahinter steckt. Was genau? Das erfährt man, dank Cliffhanger, nicht. Das muss man aber erst einmal mitbekommen. Ist diese Pilot-Episode doch vollgestopft mit zwei Affären, drei Cliffhangern und um die zehn Charaktere, die fast alle mit bis zum Ende offenen Geheimnissen eingeführt werden. Ständig bleibt die Frage, ob diese noch wichtig werden oder nicht? Aufgelöst wird in dieser Episode fast nichts. Selbst eine Vorschau, ganz am Anfang der Episode, wird nie wieder aufgegriffen. Als Zuschauer wird man schlicht allein gelassen.
Dabei ist die Idee einer solchen Agentur super und bietet Raum für unzählige Ideen. Vielleicht sogar ein paar zu viele, wie die Pilot-Episode zeigt. Die Art und Weise der Produktion hat mich trotz allem nicht angesprochen. Auch wenn ab und zu Witze eingestreut werden, wirkt sie eher bedrückend und auch im Look und durch die verwendete Musik ziemlich düster. Dazu sind die Sets karg eingerichtet und die Kundin mit Krebs, die dies vor ihrer kleiner Tochter geheimhalten möchte, tut ihr Übriges. Irgendwie ist das zu viel des „Guten“. Während der ganzen Folge fühlte ich mich unbehaglich, und das möchte ich beim Fernsehen nicht.
Jetzt ist Sense
Albrecht Humboldt aus der heute show trifft auf Tech Nick – diesen stummen Typ aus der Saturn-Werbung. Oder anders: Schlüsseldienstler Andi Hartmann auf den Tod in Person. Das ist das Konzept der zweiten Sendung: Jetzt ist Sense. Andi, und nur Andi, kann den Tod sehen, was mehr als einmal dazu führt, dass Außenstehende denken er rede mit sich selbst. Dass beide auf kurz oder lang damit beim Psychologen landen müssen, liegt auf der Hand. Und so entwickelt sich ein Kammerspiel um den Hilfesuchenden Andi und den Tod, der – nunja – seinen Job macht und einen kettenrauchenden Psychologen abholen möchte. Gerade dieser, gespielt von Martin Brambach, glänzt in seiner mürrischen Rolle und ergänzt die – trotzdem guten – Wortgefechte zwischen Andi und dem Tod perfekt. Etwas zu lang wirkt dieses Kammerspiel trotzdem. Es passiert nicht wirklich viel und ich frage mich, ob später in jeder Episode nur ein Verstorbener auf diese Weise abgeholt werden soll? Die Sendung lebt bislang einzig von ihren Dialogen – damit steht und fällt sie. Wird hier noch für etwas Abwechslung gesorgt, steckt auf jeden Fall Potential in dieser Art der Umsetzung.
BLOCKBUSTAZ
Die letzte Serie spielt in einer Kölner Neubausiedlung. Ein 16-stöckiger Beton-Wohnblock neben dem anderen. Es soll Ghetto-Feeling aufkommen. Bei BLOCKBUSTAZ erlebt man alles aus Sicht des 30-jährigen Sol – gespielt von Eko Fresh. Dieser hatte Geburtstag, wird von seiner Mutter vor die Tür gesetzt und soll endlich was aus seinem Leben machen. Dazu kommen Probleme mit seiner Freundin Jessica, dem Hausmeister Herrn Bulut und sein verpeilter Kumpel Hardy. Trotz der Location wirkt die Pilot-Episode nie völlig prollig oder zu Stereotyp. Und auch handwerklich und vom Erzähltempo kann ich auch nicht viel meckern. Für mich es schon fast zu perfekt – zumindest was die Produktion angeht. Doch eines will und will bei mir nicht zünden: Der Humor. Das ist für eine Sitcom natürlich ein Problem – aber natürlich Geschmackssache. Doch mit Eko Fresh und seiner Art zu schauspielern, will ich einfach nicht warm werden. Trotzdem scheint diese Sendung in Serie zu gehen, bringen doch die Darsteller Eko Fresh, Ferris MC und Joyce Ilg zahlreiche Online-Fans mit.
Der Anfang vom Ende?
Was ist also mein Fazit? Ein Totalausfall ist definitiv nicht dabei, aber eben auch nichts, das mich wirklich vom Hocker reißen würde. Nichts, was ZDFneo nicht auch einfach so über das Jahr mal testen oder das große ZDF sogar als kleines Fernsehspiel bringen könnte. Einfach nichts Außergewöhnliches.
Ich habe das Gefühl, das sieht auch ZDFneo so. Denn wirklich dafür getrommelt wird nicht, alles wird an einem Abend in 1,5 Stunden versendet und das Event, jeden Tag (von mir aus auch Freitag bis Sonntag) eine neue Sendung entfällt dieses Mal. Mit dem NEO MAGAZIN oder Sonneborn rettet die Welt, zeigt man ja, dass man auch ohne das TVLab gute Formate an den Start bringen kann. Gleichwohl wird so das TVLab seines eigentlich verdienten Stellenwerts beraubt. Auch wenn man ehrlich sein muss und bislang keiner der Sieger je ein langlebiges und erfolgreiches Format war. Sei es Teddys Show, Deutsches Fleisch oder zuletzt Tohuwabohu, das irgendwo im Nachmittag versteckt wird.
Die Frage ist doch: Sind es nun die Produzenten, die keine Ideen mehr haben oder wirklich ZDFneo, das langsam die Lust verliert? Ich weiß es nicht. Die deutsche Serienlandschaft wird das aktuelle TVLab jedenfalls nicht retten.