Wenn ich an meine Anfänge im Internet zurückdenke, dann an die "wilden Zeiten" im Web 1.0 mit Gästebuch, unzähligen Projektideen und Gratis-Webspace zum Experimentieren. Die Zeit ist lange vorbei, das Web und ich sind zusammen erwachsen geworden. Und mit den Jahren der Beziehung kam die Ernüchterung: Passen wir überhaupt noch zusammen?
Wie ist das wohl, wenn man als erster Mensch den Gipfel eines Berges erreicht, allen zeigten kann „ich bin hier der Erste“ und dann den Heimweg antritt? Ein kurzer Erfolgsmoment, die Glücksgefühle und die Gewissheit, dass irgendwann (viele) andere folgen werden. Aber ruht man sich dann auf dem Erfolg aus, erzählt über Jahre die Geschichte davon oder schnallt man sich die Wanderschuhe nochmal an und sucht den nächsten Gipfel?
In einer idealen Welt möchte ich Texte, Bilder und Videos machen, die ich auch als Konsument selbst gern sehen würde. Anspruchsvoll, witzig, am besten mit einer zweiten Ebene und natürlich immer relevant.
An jeder Ecke gibt es neue Texte und Videos von praktisch jedermann
Als ich angefangen habe Medien selbst zu machen, war das alles recht einfach. Das einzige Vorbild war das Fernsehen – und vielleicht noch ein anderes Blog hier und da. Es gab so viele Lücken zu besetzen, auszuprobieren und die (theoretische) Möglichkeit in irgendetwas Pionier zu sein. Und auch wenn das etwas hochtrabend klingt, am Ende war es einfach eine mentale Basis, um zu experimentieren, neue Wege zu gehen oder einfach nur zu tun, auf was ich gerade Lust habe.
Mittlerweile schon 2004 habe ich mit dem Projekt „netscripter“ (damals noch ein Forum) und 2005 mit dem Bloggen angefangen. Parallel kamen viele persönliche Erfahrungen in und mit den Medien dazu. Viele tolle Erfahrungen, aber auch viele Rückschläge. Dinge, die mich vor dem ein oder anderen Experiment nochmal doppelt überlegen lassen, ob ich das jetzt einfach so raushaue oder vielleicht doch was dagegensprechen könnte. Dies oder jenes hat ja schon einmal nicht so geklappt.
Parallel haben das Web 2.0 und die Sozialen Medien das Internet erobert. Inzwischen ist es nichts Besonderes mehr, online etwas zu publizieren. An jeder Ecke gibt es neue Texte und Videos von praktisch jedermann. Viel mehr Eindrücke und spannende Projekte, aber auch viel mehr Hürden. Muss ich das jetzt noch machen, wenn es andere viel besser können? Sollte ich jetzt doch noch länger an dem Text oder dem Video feilen, um die Erwartungen anderer – und vor allem von mir selbst – noch erfüllen zu können?
Einfach machen? Oder sein lassen?
„Einfach machen!“ Das höre ich oft. Das denke ich oft. Das tun so viele andere inzwischen. Völlig unbedarft. Und doch sagt mein Zweifelmonster: „Das kannst du doch besser!“ Also noch ein Tutorial, noch ein Essay und am Ende der Gedanke „Das kannst du nicht besser.“ Tja.
Muss es besser sein? Nö. Noch heute zehre ich in vielen beruflichen Projekten von den Erfahrungen, die ich in meiner Pionierzeit gesammelt habe. Viele Handgriffe sitzen, wie beim Fahrradfahren. Es funktioniert einfach. Nach so vielen Jahren.
Sehen meine Inhalte besser aus als 2004? Besser als 2010 oder 2016? Ja.
Trotz Web 2.0, Social Media und Metaverse: Der Gipfel des Berges sind und waren nie die anderen. Es sind die eigenen Erfahrungen, das Wissen, die Handgriffe, die aufeinander aufbauen. Sich dem bewusst zu werden und danach zu handeln dauert bei mir nur etwas länger.