ProSieben und das Erste suchen auch dieses Jahr wieder gemeinsam den deutschen Teilnehmer für den Eurovision Songcontest. Aus 20 Teilnehmern sollen die Zuschauer unseren Star für Baku bestimmen. Genauso, wie sie es einst für Oslo taten. Viel ist nicht anders, doch was verändert wurde, klingt spannend: Damit meine ich nicht die nun immer gleich besetzte Jury, sondern das Voting der Zuschauer. Dieses soll zu jeder Zeit während der Sendung für Zuschauer und Teilnehmer transparent und live mitzuverfolgen sein. „Einzigartig im TV“, nennt es Stefan Raab, doch stimmt das wirklich?
Einer der ersten Gedanken, die mir bei der Vorstellung des neuen Votings kam war: Cool, das klingt spannend. Der zweite Gedanke war: Hmm, irgendwo hast du so etwas schon einmal gesehen. Diese Einzigartigkeit im deutschen Fernsehen mag zwar heute stimmen, doch bis vor ein paar Jahren gab es täglich im Sat.1 Frühstücksfernsehen den Morningstar über dessen Weiterkommen oder Scheitern die Zuschauer direkt bestimmen durften. Zu jeder Zeit konnte die Akzeptanz am Bildschirm mitverfolgt werden. Sanken die positiven Stimmen nach der ersten Minute unter 50%, dann war Schluss.
Doch ein Bisschen unterscheidet sich Unser Star für Baku dann doch vom Frühstücksfernsehen. So darf während der gesamten Sendung für die Favoriten der Zuschauer angerufen werden. Was zu Beginn noch die Startreihenfolge festlegt und so dem ein oder anderen Teilnehmer einen vermeintlichen Vorteil verschaffen kann, lässt spätestens beim eigentlichen Auftritt richtig Spannung aufkommen. Legt sich der Kandidat noch einmal kräftig ins Zeug, wenn er während des Auftritts sieht, dass die Zustimmung schwindet? Steigert die erhöhte Erwartungshaltung die Nervosität der Kandidaten? Und wie sehr wird das Live-Voting die Meinung der Jury oder gar die Zuschauer gegenseitig beeinflussen?
Das sind alles spannende Fragen, auf deren Beantwortung ich durchaus gespannt bin. Und zumindest für eine Castingshow ist dieses direkte Feedback tatsächlich etwas Neues und entlarvt damit gleichermaßen andere Castingformate. Dort wird die Auszählung der Stimmen nämlich schon seit langem mehr als dramaturgisches Mittel, denn als notwendiges Übel eingesetzt. Warum sonst soll ich eine viertel Stunde auf das Abstimmungsergebnis warten, wenn es offensichtlich unmittelbar verfügbar sein kann?
Dass Stefan Raab diese Idee erst vor vier Wochen kam, scheint aber kein Zufall zu sein. The Voice of Germany lief immerhin sehr erfolgreich und verfolgte zugleich ein ähnliches Konzept. Es wurde mehr Wert auf die Stimmen der Kandidaten, als auf deren Peinlichkeiten gelegt. Unser Star für Baku muss sich aus all den Castingshows, die zurzeit laufen, irgendwie abheben. Die getroffene Konsequenz klingt aber auf jeden Fall spannend!
Darum sage ich auch jetzt schon einmal: Danke für dieses interessante Experiment. Ich werde einschalten!